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Sich vergewissern, dass es wirklich ist.
Zu den Arbeiten von Alois Öllinger

Die Arbeiten von Alois Öllinger umfassen einen weiteren Bereich künstlerischer Techniken und ästhetischer Haltungen. Sie erstrecken sich von traditionellen Bildkompositionen über bühnenartige Arrangements von Bildkulissen hin zu Rauminstallationen.
Auf den ersten Blick so unterschiedliche Arbeiten, wie ein gemaltes Stilleben und eine gemeinsame Aktion mit Feuerwehrleuten aus Bayern und der (damaligen) Tschechoslowakei markieren die Bandbreite von Alois Öllingers Schaffen, in welchem sich jedoch Gemeinsamkeiten ausmachen lassen.

Zum einen herrscht in allen Arbeiten ein Hang zum Konzeptionellen vor. Es wird ein besonderer Augenmerk auf die Entfaltung der verschiedenen Zeitdimensionen künstlerischen Arbeitens gelegt. Die Arbeit beginnt als Vorhaben, Projekt oder Konzept, welches in der Ausführung bestimmte Spuren zeitigt, die wiederum aus ihrem ursprünglichen Zusammenhang genommen, als die Brechung verschiedener Weisen des Abwesenden erscheinen. Zum anderen tendieren die Arbeiten dahin, sich gleichsam Bestätigung durch ihre reale oder fiktive Situierung im Raum zu holen. Dieser Raum kann entweder der Natur oder der zivilisierte, dörfliche oder urbane Raum sein. Diese eigentümliche Stellung der Arbeiten Alois Öllingers zum Raum und im Raum wird besonders in seinen Installationen deutlich, findet aber auch in seinen Bildern einen Ausdruck. In beiden Fällen fungiert der Raum als ein bereits vorhandener. Gegenstände werden in ihn eingebracht. In diesem Einbringungsvorgang erfährt der Raum eine spezifische Bestätigung und Vergewisserung, welche sich auf die eingebrachten Dinge überträgt.
Beiden Momenten, dem Hang zum Konzeptionellen und dem spezifischen Raumverhältnis eignet ein reflexiver Zug.

Das künstlerische Vorhaben entpuppt sich als Gegenüberstellung des räumlich wie zeitlich Davorliegenden und Danachkommenden, z.B. bei einer Einbringung im Raum. Die spezifische Affirmation und Vergewisserung mit der Einbringung eines Gegenstandes in den Raum, ereignet sich auch mit der Ausstellung einer Spur, die von Vergangenem zeugt, in der Gegenwart, oder dem Projekt, eine solche Spur in der Zukunft entstehen zu lassen.

Indem das räumlich und zeitlich Verflochtene und Zusammenliegende in einem Akt künstlerischer Reflexion auseinandergelegt wird, geschieht eine eigentümliche Entflechtung und Verdeutlichung räumlicher und geschichtlicher Konstellationen. Diese Verdeutlichung trägt aber nur soweit, als sie sich im Projekt, Konzept oder Vorhaben der sinnlichen Erfüllung von eigentlich utopischen künstlerischen Begriffen wie Ein-bringung, Vorstellung, Spur, Zeichnung entfaltet. Diese Erfüllung kann aber nie vollständig sein, weil sie in sich selbst die Rückversicherung auf Begriffe trägt, die zu realisieren sie vorgibt. Insofern ist sie immer eine utopische.

In Alois Öllingers Arbeiten bricht sich dieses utopische Moment am Topischen. Indem sielt die konzeptionelle Entfaltung in einen Raum begibt, der ausdrücklich vorausgesetzt ist, bekommt sie von dort ihre Versicherung, daß sie wirklich ist. Die Zeichnung wird z.B. in dem realisierten Vorhaben einer Spirale aus Gülle, die ein Traktor in einer verschneiten Winterlandschaft auf einer Wiese zieht, zum Zeichen. Oder die Zeichnung gewinnt als Projekt, in einen Felsen, der als topographisch Raum der bestimmter bereits existiert, eingeritzt zu werden, ihre Realität.

Auch in freien Zeichnungen, in denen solcher Raumbezug nicht ausdrücklich genannt ist, schwingt er als möglicher immer mit. Zeichnung bedeutet bei Alois Öllinger immer Teil eines realen oder fiktiven Projekts zu sein, welches sich auf den sozialen Raum oder den Naturraum bezieht. Ihre Verwirklichung ist somit immer ein Schritt ins Wirkliche.

Emmerich Hörmann

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